Schön giftig ist richtig!
Das kleine Kerlchen in dem Video verhält sich nicht wie eine freundliche Eule. Wir haben die kleine Schleiereule bei uns aufgenommen und gepflegt. Sie war hilflos wie viele andere Wildtiere, die jedes Jahr zu uns gebracht werden. Von Meisenküken bis hin zu Wildschweinfrischlingen reicht die Palette.
Vor einigen Wochen wurde das hilflose Jungtier noch in seinem flauschigen Kükenflaum zu uns auf der Wildtierauffangstation Niederrhein in Wezze gebracht. Es war für den Finder schwierig, jemanden zu finden, der die Eule aufnimmt. In den umliegenden Regionen gibt es keine Auffangstation, und wir müssen viele Anrufer abweisen, da wir nur Fundtiere aus dem Kreis Kleve aufnehmen können. Das gilt auch für Ungeziefer und Schädlinge wie Ratten, Mäuse oder Bisam. Leider werden wir aufgrund dieser Regelung oft heftig beschimpft.
Aber lassen Sie uns zur ursprünglichen Frage zurückkehren!
Es ist uns recht, dass die Schleiereule so abweisend uns gegenüber ist. Das zeigt, dass wir alles richtig gemacht haben!
Im Gegensatz dazu findet man in den Medien, im Fernsehen und im Internet Dutzende vermeintlicher Tierfreunde, die stolz ihre aufgepäppelten Wildtiere präsentieren. Es geht einher mit einer rührenden Geschichte, in der der selbstlose Retter natürlich im Mittelpunkt steht. Das gerettete Tier schmiegt sich dabei freundlich an den Pfleger.
Auch bei uns auf der Wildtierauffangstation in Weeze tauchen solche Leute mit ihren Schützlingen auf.
»Doch nach vier Wochen haben wir festgestellt, dass ein Zusammenleben mit einer Krähe im Wohnzimmer doch nicht möglich ist«, heißt es dann. »Jetzt will sie keiner mehr aufnehmen.«
Oder der Besucher erscheint mit einer zahmen Dohle, die klassisch auf seinem Finger sitzt. »Gestern haben wir sie gefunden, aber jetzt fahren wir in den Urlaub!« Beim Abschied holt der Krähenfreund noch eine Tüte aus dem Auto. »Das sind ihre Lieblingsspielzeuge. Könnten Sie die bitte in ihre Voliere tun?«
Der anstehende Urlaub ist oft ein Grund, sich der aufgenommenen Wildtiere zu entledigen.
»Wir wollten einfach ausprobieren, wie es ist, eine Gans vom Ei an aufzuziehen«, war die Begründung für die Abgabe einer Nilgans. Es handelt sich hierbei um eine invasive Art, die in der Natur für viele Probleme sorgt. Hier lautete der Schlusssatz: »Aber es ist wirklich viel Arbeit.«
Viele Menschen wissen nicht, dass unser Ziel darin besteht, den Wildtieren zu helfen und sie dann wieder in die Natur freizulassen. Ihr Platz ist in der freien Wildbahn, nicht im Wohnzimmer oder einer Voliere. Nur diejenigen, die aufgrund einer Behinderung wie dem Fehlen eines Auges oder Beins nicht überleben könnten, bleiben bei uns. Sie sind auf unsere Unterstützung angewiesen und kosten uns jahrelang viel Geld. Aber das ist eine andere Problematik.
Die Überlebenschancen in der Natur sinken drastisch, wenn ein Wildtier auf den Menschen geprägt wird. Im besten Fall sucht es den Menschen als Futtergeber auf. Es hat verlernt oder nie gelernt, sich an Artgenossen zu orientieren.
Krähenvögel passen sich beispielsweise innerhalb von 2-3 Tagen komplett an den Menschen an. Ein unter diesen Bedingungen aufgezogener Vogel wird draußen von Artgenossen sofort getötet. Sein Verhalten unterscheidet sich komplett von dem einer wilden Krähe.
Aus Platzgründen kann ich hier nicht auf den rechtlichen Hintergrund eingehen. Allerdings gibt es eine Reihe von Vorschriften, wenn es darum geht, Wildtiere ohne behördliche Genehmigung aus der Natur zu entnehmen. Trotz aller guten Absichten dahinter.
Wildtiere flüchten vor dem Menschen, handaufgezogene suchen den Menschen. Wer dies bei der Rettung von Wildtieren nicht berücksichtigt, schadet der Natur und der Umwelt nachhaltig. Trotz aller Medien- und Fernsehberichte. Eine solche Prägung ist nicht umkehrbar. Wer dies nicht berücksichtigt, mag sich als Retter fühlen und sich nach außen so darstellen. In Wahrheit hat er dem Tier keinen Gefallen getan. Auch die Rettung von Wildtieren sollte in professionelle Hände gelegt werden.
Deshalb freuen wir uns über den giftigen kleinen Kerl. Offensichtlich haben wir alles richtig gemacht. Wir möchten, dass er draußen überlebt und nicht am Rockzipfel des nächsten Spaziergängers hängt.